DiADEM – Dance Against DEMentia

OVGU/ DZNE MAGDEBURGForschungsvorhaben: „DiADEM – Dance Against DEMentia“


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- eine innovative & interdisziplinäre Forschergruppe aus Sport-, Neuro-, und Gesundheitswissenschaftler*innen, untersucht die Wirkung eines multimodalen, musikunterlegten sportiven Tanztrainings auf kognitive, motorische, emotionale Funktionen, die Neuroplastizität sowie die Lebensqualität bei älteren Menschen, die an einer leichten kognitiven Beeinträchtigung (MCI) - einer möglichen Frühform der Demenz-  erkrankt sind.

 

Die Zusammenhänge von Alterungsprozessen und körperlicher Aktivität werden schon seit längerer Zeit wissenschaftlich untersucht.[i] Die positive Auswirkung von körperlicher Aktivität auf kognitive Funktionen lässt sich auch in der aktuellen WHO-Empfehlung „Risikominimierung von kognitivem Abbau und Demenzprävention“ wiederfinden. Kernaussage der Empfehlung ist, dass Erwachsene ab 65 Jahren wöchentlich mindestens 150 Min. (ideal 300 Min.) mäßig intensive aerobe körperliche Aktivität oder mindestens 75 Min. intensive aerobe körperliche Aktivität (oder eine entsprechende Kombination) durchführen sollten, um einem körperlichen & kognitiven Abbau entgegen zu wirken.[ii] In einer Langzeitstudie der OvGU Magdeburg mit Senior*innen konnte festgestellt werden, dass sich sowohl das koordinativ- konditionelle Training (Tanzsport), als auch ein überwiegend konditionelles Training (Ausdauer- und Kraftsport) positiv auf neurostrukturelle, -psychologische sowie motorische Leistungsparameter bei älteren Menschen auswirken.[iii]

 

Das Risiko, ab einem Alter von 65 Jahren am Syndrom der „leichten kognitiven Störung“ zu erkranken, beträgt aktuellen Studien zufolge 10- 20% und steigt mit zunehmendem Alter.[iv] Jede zehnte betroffene Person entwickelt aus diesem Syndrom eine manifestierte Demenz. Bislang gibt es keine wirksamen medikamentösen/ therapeutischen Maßnahmen. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt, nach Diagnosestellung, bei ca. 5 bis 8 Jahren.[v] Die im Kontext des demographischen Wandels prognostizierte Zunahme der Menschen mit Demenz und gleichzeitig fehlende kausale Therapiemöglichkeiten erfordern Lösungsstrategien. Ziel des aktuellen Forschungsprojektes ist es, die Wirkung eines wissenschaftlich erprobten Tanzkonzeptes bei Senior*innen mit einer leichten kognitiven Störung zu analysieren, um einem möglichen Übergang zur Demenz präventiv entgegenzuwirken. Forschergruppen der Otto-von-Guericke Universität und des Deutschen Zentrums für Neurologische Erkrankungen (Magdeburg) konnten bereits positive Effekte eines sportiven Tanztrainings (im Vergleich zu einem klassischen Gesundheitssporttraining) auf die Neuroplastizität und die kognitiven Fähigkeiten bei gesunden Senioren*innen im Alter von 63 bis 80 Jahren wissenschaftlich belegen. Bei Teilnehmer*innen des Tanztrainings zeigten sich nach Kernspinaufnahmen des Kopfes Volumenzunahmen der grauen Hirnsubstanz in prämotorischen und parahippocampalen Regionen. Die Volumenzunahmen gingen mit einem signifikanten Anstieg des Nervenwachstumsfaktors BDNF (Brain-derived neurotrophic factor) im Blutplasma einher.[vi]. Dafür wurde das Forscherteam 2017 mit dem Theo und Friedl Schöller Preis für Altersmedizin ausgezeichnet. Eine weitere signifikante Verbesserung, die nur in der Tanzgruppe registriert wurde, ist die Verbesserung der Gleichgewichtsfähigkeiten. Studienergebnisse zeigen außerdem, dass ein gezieltes Tanztraining effektiver als herkömmliche körperliche Aktivität sein kann, wenn es um die Verbesserung der Gangsicherheit, den Erhalt von kognitiven Fähigkeiten und die soziale Interaktion geht. [vii] Insbesondere die Isolation im Alter ist eine Gefahr für alleinstehende Senioren*innen, bzw. Paare bei denen nur ein Partner von Krankheit betroffen ist. Beim gemeinschaftlichen Tanztraining soll einer Vereinsamung entgegengewirkt werden. Die bisherigen Erkenntnisse geben Grund zur Annahme, dass ein spezielles Bewegungsprogramm mit ausgewählten Mitteln und Methoden des Tanzes ein kostengünstiges Präventionsangebot - sowohl auf gesundheitspolitischer als auch auf individueller Ebene- darstellen kann. Das Projekt birgt hinreichend Potential die sport- und neurowissenschaftliche Forschung voranzutreiben und somit Sachsen-Anhalts Gesundheitswirtschaft maßgeblich zu stärken. Die gesellschaftliche Herausforderung, insbesondere die sich wandelnden Bedürfnisse der alternden Gesellschaft und die Entwicklung von Präventionsansätzen, stehen im Mittelpunkt der aktuellen Forschung.

 

Autoren: M.Sc. Corinna Langhans[1], Prof. Dr. Anita Hökelmann[1], Prof. Dr. Notger Müller[2]


[1] Otto- von- Guericke Universität, Institut III, Bereich Sport- und Bewegungswissenschaft, Magdeburg

[2] Deutsches Zentrum für Neurologische Erkrankungen, Arbeitsgruppe Neuroprotektion DZNE, Magdeburg


[i]. Heyn, P., Abreu, B.C. & Ottenbacher, K.J. (2004). The effects of exercise training on elderly persons with cognitive impairment and dementia: a meta-analysis. Archives of Physical Medicine and Rehabilitation, 85, 1694-1704

[ii] World Health Organization (2019). WHO´s Global recommendations on physical activity for health. Risk Reduction of Cognitive Decline and Dementia, ISBN: 978-92-4-155054-3

[iii] Knoll, M.(2019) in Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft, Band 282. Adamantios Arampatzis, Sebastian Braun, Katja Schmitt & Bernd Wolfarth (Hrsg.). Sport im öffentlichen Raum. 24 dvs-Hochschultag • Berlin 18 – 20. September 2019 • Abstracts. Hamburg: Czwalina 2019. 424 Seiten. ISBN 978-3-88020-679-3

[iv] Langa KM, Levine DA. (2014) The Diagnosis and Management of Mild Cognitive Impairment: A Clinical Review. JAMA.;312(23):2551–2561. doi:10.1001/jama.2014.13806

[v] Mitchell AJ1, Shiri-Feshki (2009) M.Rate of progression of mild cognitive impairment to dementia--meta-analysis of 41 robust inception cohort studies. Acta Psychiatr Scand 2009: 119: 252–265 DOI: 10.1111/j.1600-0447.2008.01326.x

[vi] Müller, P., Rehfeld, K., Schmicker, M., Hökelmann, A., Dordevic, M., Lessmann, V., … Müller, N. G. (2017). Evolution of Neuroplasticity in Response to Physical Activity in Old Age: The Case for Dancing. Frontiers in Aging Neuroscience, 9, 56.

Rehfeld, K., Lüders, A., Hökelmann, A., Lessmann, V., Kaufmann, J., Brigadski, T., ... & Müller, N. G. (2018). Dance training is superior to repetitive physical exercise in inducing brain plasticity in the elderly. PloS one, 13(7), e0196636

Rehfeld, K., Müller, P., Aye, N., Schmicker, M., Dordevic, M., Kaufmann, J., ... & Müller, N. G. (2017). Dancing or fitness sport? The effects of two training programs on hippocampal plasticity and balance abilities in healthy seniors. Frontiers in human neuroscience, 11, 305.

[vii] Hamacher, D., Hamacher, D., Rehfeld, K., Hökelmann, A., & Schega, L. (2015). The Effect of a Six-Month Dancing Program on Motor-Cognitive Dual-Task Performance in Older Adults. Journal of Aging and Physical Activity, 23(4), 647–652.

Letzte Änderung: 17.01.2024 - Ansprechpartner: